Heisse Kurven

Heisse Kurven

Es ist die spürbare Freiheit und die Weite des Meeres, die uns in Bann zieht, wenn wir auf die Nordsee blicken und die vielen Schiffe sehen. Oft möchte man einfach hinter ihnen her schwimmen und ins Unbekannte fahren. Es gibt die Kategorie Mensch, die ein eigenes Schiff haben wollen, weil es genau diese Lebensvorstellung hat. Und dann gibt es die Kategorie Mensch, die kein geeignetes Schiff finden, es lieber selber bauen und gleich noch die Werft dazu kaufen. „Der Spaß daran hat aber meistens gar nichts mit dem Boot zu tun, sondern mit den unterschiedlichen Menschen, mit denen wir zu tun haben“, erzählt uns Burkhard Kähler.

TIDENTYP

NIKO GORETZKI

Angekommen im Surfer-Paradies Hooksiel

 

Der starke Wind pfeift Niko und seinen Schülern auf der Nordsee um die Ohren. Kiten ist für Niko kein romantisches Dahingleiten, sondern er und sein Team haben sich mit Herz und Seele dem Wassersport verschrieben. Wir haben den smarten Sportler und Unternehmer auf dem Festland am Strand von Hooksiel erwischt.

 
 

Teaser

 
 

Wir sind fasziniert vom Anblick der Menschen, die hier übers Wasser gleiten, als gäbe es kein Morgen. Niko Goretzki geboren in Essen, im Ruhrgebiet, verbrachte hier oben an der Küste mit seinen Eltern und Großeltern von klein an die Ferien; das erste Mal mit drei Jahren. Schon früh entdeckte er seine Begeisterung fürs Windsurfen – die kalte, raue Nordsee hin oder her. „Für einen Windsurfer war das hier das Epizentrum, ein Paradies“, erinnert er sich. „Durch den Surfsport bekam der Sielort Hooksiel für mich eine ganz neue Anziehungskraft. Die Region hat mich damals richtig gefesselt, und so habe ich jeden Tag meiner Ferien hier verbracht.“

 
 
 

Der Soundtrack zur Geschichte von 3 Miles to Essex
(aufgenommen in der Kirche am Meer @ Schillig)

 
 
 
 
 
 
 

Die früh erkannte Leidenschaft hat der smarte Surfer, mit den strahlenden Augen und einer unglaublichen Aura zum Beruf gemacht. Und das mit Erfolg: Seine Nordsee Academy ist seit über 15 Jahren die Surfschule an der Nordsee. An den Standorten in Hooksiel und Schillig im Wangerland an der Nordsee vermittelt das junge Team um Niko Goretzki die Faszination von Windsurfen, Kitesurfen, Landboarding und Stand-Up-Paddling. Alles fing damit an, dass Nikos Eltern ein Haus in Hooksiel gekauft haben. Niko, der heute 30 ist, ist damals gleich aufs Board gestiegen. Und so hat er heute, 20 Jahre später, die Erfahrung, die es braucht, wenn man eine erfolgreiche Surfschule betreiben will. Davon mal abgesehen: „Ich bin zumindest noch der beste Windsurfer in unserem Team“, sagt er und grinst, natürlich ohne jede Arroganz.

 

Videointerview

 
 
 

„2004 habe ich das erste Mal in Hooksiel angefangen zu kiten. Hooksiel ist ja eine der Brutstätten des Kitesurfens in Deutschland; seit ich hier bin, waren auch immer schon Kiter da. Damals schon war das Niveau sehr hoch, weil die Region hier oben perfekt dafür ist, gerade auch die Kombination mit der Wasserskianlage in Hooksiel war optimal.“ Natürlich gibt es mittlerweile größere Spots in Deutschland wie die Insel Fehmarn. „Aber wir haben hier oben den großen Vorteil, dass wir mit den Standorten Hooksiel und Schillig/Horumersiel eine tolle Qualität an Spots haben, die sich super ergänzen. Es gibt kaum einen anderen Spot an der Nordsee außer Schillig, der einen Nord-Süd-Verlauf hat. Und dadurch kann man zum Beispiel Windrichtungen abdecken, die man sonst an der westlichen ostfriesischen Küste nirgendwo bedienen kann“, erklärt uns Niko fachmännisch. „Und das ist unser großes Glück, dass wir beide Standorte benützen können. Wenn es in Hooksiel ablandig ist, gehen wir einfach nach Schillig.“ So einfach ist das und so - perfekt.

 

_________
 

hier gibt's alle INFOS ZUM surfen und kiten in hooksiel und schillig

________

 

Niko weiß, wovon er spricht und worauf es beim Surfen ankommt, immerhin macht er seit Jahrzehnten nichts Anderes, also fast. „Es gab diesen Surf-Shop in WHV, der einen Wettbewerb im Windsurfen ausgerichtet hat, den ich habe gewonnen habe. Und der erste Preis war ein Kitekurs. Ich bin damals nicht gerade vor Freude in die Luft gesprungen, da sich die Surfer- und Kiter-Szene damals nicht ganz so grün waren.“ Aber einem geschenkten Gaul... Im Jahr drauf hat Niko dann den Kurs gemacht - und konnte bereits am ersten Tag kiten. Ein Naturtalent! Als er ein Jahr später wieder kam, durfte er direkt als Kite-Lehrer mit einspringen. „Danach lief das Kiten eher nebenbei, Windsurfen war schließlich meine Hauptsportart. Und zu der Zeit war ich in der Disziplin Freestyle wahrscheinlich unter den zehn besten Windsurfern Deutschlands“, erzählt uns Niko, als wäre es die normalste Sache der Welt. 

 
 

Hooksiel ist längst Nikos zweite Heimat geworden - nicht nur als Sportler, sondern auch als Unternehmer. Dabei hatte das schlaue Köpfchen ursprünglich ganz andere Pläne: „Erst habe ich BWL in Kiel und Hamburg studiert." – auch, dass er sein Studium mit 1,0 abgeschlossen hat gehört zu seiner Geschichte). "Aber ich habe während meines Studiums immer versucht, den Sport so semiprofessionell wie möglich weiter zu führen und habe meine Semesterferien immer dort verbracht, wo Wind war. Orte wie Venezuela, Südafrika und so. Und immer, wenn die Zeit es zuließ, war ich hier in Hooksiel und habe als Windsurflehrer gearbeitet und schließlich auch die Kitesurf-Ausbildung gemacht.“

 
 

In seiner Surfschule, der Nordsee Academy, kann er jetzt BWL-Studium und Surf-Leidenschaft perfekt verbinden. Gelernt ist gelernt: „Die Windsurfschule gibt es ja schon etwas länger, seit 17 Jahren. Und seit ich 13 bin, war ich mit dabei.“ Mit dem früheren Besitzer, der auch aus dem Ruhrgebiet stammt, hat sich Niko angefreundet und jahrelang zusammengearbeitet, bis er mit Anfang 20 die operative Leitung übernommen hat. Die Schule lief wie geschmiert: „Wir hatten mehrere Standorte und eine gute Größe, dass man davon hätte locker leben können.“ Aber Niko hatte auch noch diesen anderen Ehrgeiz - die akademische Karriere: „Ich habe ein Jahr lang promoviert, und das erste Teilprojekt meiner Dissertation wird auch gerade in einem amerikanischen Journal veröffentlicht. Aber ich habe einfach gemerkt, dass mich die Arbeit am Schreibtisch nicht ausfüllt und ich mich voll und ganz auf mein Unternehmen hier oben konzentrieren möchte. “ Zum Glück, denken wir uns insgeheim. 

 
 

Auch wenn sein Alltag hier oben zwangsläufig aus viel Routine und Arbeit am Computer besteht: Einer wie Niko, der so viele Talente hat, steht nicht still. So überlegt er sich mit seinem Team neben den täglichen Kursen immer wieder neue Events: „Zum Beispiel, dass wir hier oben das zweite Mal ein großes Kite-Event organisieren, die „Schillig Beach Days“. Ja, Abwechslung muss sein für einen wie Niko, der immer ein bisschen mehr will: „Es geht nicht nur darum, dass die Leute bei uns kiten lernen. Sondern wir wollen auch möglich machen, dass Hunderte von Menschen bei uns ein gutes Wochenende haben, mit Livemusik und den ganzen Herstellern, die sich hier präsentieren.“ 

 
 

Wenn man mit Niko spricht, dann weiß man: Da ist noch viel Luft nach oben, zumal das Kitesurfen boomt: „Gerade auch hier im Wangerland, davon bin ich ganz fest überzeugt, wird das Kitesurfen ein ganz wichtiger Bestandteil bleiben. Wir haben extrem viele Partnerschaften und arbeiten mit mehreren Universitäten zusammen. Auch das Thema Kitesurfen für Jugendliche wird immer interessanter.“

Und wo ginge es so gut wie hier im Wangerland, unter Nikos fachmännischer Ägide? Eben!  Er könnte überall leben, aber hat sich für das Wangerland entschieden. Was für eine Liebeserklärung an diese Region! Danke, Niko. Auch dafür, dich auf dem Wasser kiten zu sehen ...

 

----------------------

Text: Sylke Sdunzig  /  Foto: Tom Tautz  /  Videointerview: Dorian-Vasco Nagel

----------------------

 

NORDSEE-LIEBE

ANJA SEIDL-VOGT

Nordseerauschen und ganz viel Liebe in der Luft

 

Hooksiel im Wangerland an der Nordsee ist bekannt für seinen traumhaft schönen, weißen Sandstrand; seit Jahrzehnten ist es der Hotspot für Surfer, Kiter und Wasserski-Fans. Wir sind auf dem Weg zu den Skiterrassen Hooksiel und haben eine klare Mission: Wir wollen herausfinden, was eine große Nordsee-Liebe mit Strandhochzeiten und einer Wasserskianlage zu tun hat.

 
 
 
 

Anja Seidl-Vogt lebt zunächst in München; sie ist alleinerziehend mit drei kleinen Kindern, hat eine sehr schöne Wohnung, einen guten Job und ein perfektes soziales Umfeld. Rote lange Haare hat sie; hübsch, fröhlich und sehr offen trifft sie vor 13 Jahren bei einer Geschäftsreise in Hamburg auf Hans-Ott Vogt. „Ich habe Hansi in der Sauna kennengelernt, wo wir ins Gespräch gekommen sind. Wir haben uns auf Anhieb verstanden, ich war hin und weg. Er erzählte mir, dass er gerade überlegt, ob er das Familienunternehmen in Hooksiel übernehmen und weiterführen soll oder eben nicht. Ich hatte keine Ahnung, was ein Wasserskilift ist und wie das eigentlich alles funktioniert, aber ich fand den Typen einfach nett. Wir hatten einen schönen Abend zusammen und als wir unsere Kontakte ausgetauscht haben, stellten wir fest, dass uns knapp tausend Kilometer trennen“, erzählt uns Anja.

 

Ein bayerisches Sprichwort sagt: "Nichts glüht so heiß, wie die Liebe zwischen Bayer und Preiß" (Preiß = Norddeutscher).

 
 

Der Soundtrack zur Geschichte von 3 Miles to Essex

 
 
 
 
 
 
 

„Ein halbes Jahr später kam Hansi aus dem Skiurlaub auf dem Rückweg bei mir in München vorbei. Wieder hatten wir eine total schöne Zeit, und zwei Wochen später hat er mich eingeladen, einfach mal an die Nordsee nach Hooksiel zu kommen. Er stand kurz vor der Neueröffnung der Wasserskianlage und wollte mir alles zeigen“, erzählt Anja weiter. Seit zwölf Jahren lebt die gebürtige Münchnerin nun im Wangerland an der Nordsee. „Das war der Beginn einer riesengroßen Liebe, als ich das erste Mal hier oben an der Nordsee war, war ich völlig geflasht, richtig verzaubert. Ich war sofort ins Wangerland verliebt! Nicht nur in die Gegend, sondern auch in den Mann,“ sagt die 45-Jährige in einem Bayerisch, als wäre sie nie weggewesen.

 

Videointerview

 
 
 

Und wo ist dann Heimat? „Ich bin in München geboren, das ist meine Stadt. Ich liebe sie über alles; mein Leben dort war perfekt. Aber alles das ersetzt nicht die ganz große Liebe, die ich gefühlt habe, als ich Hans-Ott das erste Mal gesehen habe. Anfangs bin ich jedes zweite Wochenende ins Wangerland gefahren und habe ein bisschen mitgeholfen und gemerkt, dass Hansi Unterstützung gebrauchen kann. Alle 14 Tage war ich mittendrin und irgendwann kam der Gedanke auf, wie es weitergeht. Eine Fernbeziehung über Jahre kam für uns nicht in Frage. Und die Kinder mussten alle in weiterführenden Schulen. Und so haben wir kurzerhand beschlossen, hier oben gemeinsam neu zu starten. Ich habe meinen Job und meine Wohnung gekündigt und bin mit meinen drei Kindern im Gepäck hier hoch gezogen. Vor zwei Jahren haben wir dann auch geheiratet“, erzählt uns Anja mit strahlenden Augen.

 
 

Stichwort Heirat: Anja und Hans führen nicht nur ein beliebtes Familienunternehmen, sondern richten längst auch Strandhochzeiten und Feierlichkeiten aus. Sie leben und arbeiten zusammen. Geht das immer gut? „Ja, denn wir haben seit Beginn unserer Beziehung sehr eng zusammen gearbeitet, selbst an den Wochenenden, an denen ich anfangs nur zu Besuch hier war. Allerdings ist es heute so, dass die Kinder groß sind und ihre eigenen Wege gehen. Jetzt ist so langsam die Zeit gekommen, dass wir mehr Zeit zu Zweit verbringen können und das genießen wir gerade sehr“, verrät uns Anja.

 
 

Was gibt es schöneres, als eine romantische Trauung in einem weißen Pavillon direkt am Sandstrand von Hooksiel - Meeresrauschen inklusive - zu erleben? Wer an einem Strand im Wangerland an der Nordsee heiratet, braucht vor der wunderschönen Kulisse nicht wirklich viel, um glücklich zu sein. Da zählt eine frische Brise, Meerluft im Haar und ein glückliches Funkeln in den Augen. Und wenn man eine Anja Seidl-Vogt in der Nähe hat, die sich um alles kümmert, dann wird es eine Traumhochzeit, versprochen! „Wir geben wirklich alles, damit sich unsere Brautpaare wohlfühlen und schmücken den Pavillon sehr stilvoll, romantisch und es wirkt fast schon unecht, so malerisch ist die Hochzeitskulisse am Strand von Hooksiel“, schwärmt Anja. An einem Strand zu heiraten ist etwas ganz Besonderes, aber an einer Wasserskianlage zu feiern, das ist - in diesem Fall - traumhaft schön. Hochzeiten auszurichten ist Anjas Steckenpferd - diesen Zweig hat sie mit ins Unternehmen gebracht. „Eines Tages, als wir unseren neuen Wintergarten fertiggestellt hatten, habe ich diesen schön dekoriert. Ich liebe das, denn die anderen sollen sich wohlfühlen. Tagesgäste kamen vorbei und fragten: Wow, tolle Location, kann man hier auch heiraten?’ Damit fing alles an. Dieses Fieber, das ein Brautpaar in sich hat und die Aufregung während der Vorbereitungszeit, das ist ansteckend und macht die Arbeit so erfüllend. Vor allem, wenn das Brautpaar und die Gäste happy sind und mit einem riesigen Dankeschön abreisen. Das ist das schönste Gefühl, das man im Job nicht selbstverständlich bekommt“, sagt Anja. 

 
 

Ist das vielleicht auch das Geheimrezept für die eigene große Liebe? „Das was uns zusammenhält, ist unser „Baby“ und das ist unser gemeinsames Ziel, aus unserem Unternehmen das Beste zu machen. Wir leben unseren gemeinsamen Traum. Hansi und ich arbeiten beide daran, dass Brautpaare einen wunderschönen Tag bei uns haben. Aber wir tun auch viel dafür dass unser Team glücklich ist. All das schweißt zusammen. Wir gehen abends nicht nach Hause und schalten ab. Es ist nicht nur unser Job - es ist unser Leben und wir lieben was wir tun“, erzählt uns Anja weiter.

_________
 

hier geht's zu den INFOS ZUM HEIRATEN AM STRAND und den hooksieler skiterassen 

________

 
 
 

Für die Zukunft haben die beiden natürlich noch tausend Pläne - sie wollen viel bewegen im Wangerland. Der Standort könnte dafür nicht besser sein; und auch für das Wangerland ist dieses Unternehmen touristisch von großer Bedeutung. Für Anja, die der Liebe wegen aus München nach Hooksiel zog, ist die Natur hier oben ein Gedicht, ein wahres Paradies. Wenn sie und Hans-Ott morgens zur Arbeit fahren, denken sie: „Hier darfst du leben - was für ein Privileg!“. Und wir erkennen, welche Schönheit in der Leidenschaft liegt, die sich entfaltet, wenn man das tun kann, was man liebt.

 

----------------------

Text: Sylke Sdunzig  /  Foto: Tom Tautz  /  Videointerview: Dorian-Vasco Nagel

----------------------

 

Inselkapitän

EWALD Bebber

Hochseeinsel. Helgoland. Heimatland.

 

Mitten in der Deutschen Bucht, knapp 70 Kilometer vom Festland entfernt, liegt Deutschlands einzige Hochseeinsel: Helgoland. Die wogenden Wassermassen, das kräftige Farbenspiel der roten Felsen, die Weite des Meeres, die frische Seeluft und die faszinierenden Natur- und Tierwelten, machen dieses kleine Eiland mit 1,5 Quadratkilometern zu einem eindrucksvollen Fels in der Brandung.

 
 


Um auf die Insel zu gelangen, nimmt man in der Regel ein Schiff. Die Reederei Cassen Eils, die seit 1952 existierende, älteste Helgoland-Reederei, bietet das ganze Jahr hindurch mit modernen Seebäderschiffen eine Linienverbindung nach Helgoland an. Die Abfahrtshäfen sind Cuxhaven, Bremerhaven und Büsum, zusätzlich gibt es ausgewählte Abfahrtstermine ab Hooksiel im Wangerland an der Nordsee mit MS „Fair Lady“.

 
 
 
 

Als wir das Seebäderschiff MS „Helgoland“ in Cuxhaven betreten, werden wir friesisch freundlich von der Crew an der Gangway begrüßt. „Moin, willkommen an Bord.“ Wir staunen nicht schlecht, zumal wir uns ein Fährschiff etwas anders vorgestellt haben. MS „Helgoland“ ist eines der modernsten Schiffe Europas, alleine schon durch den Antrieb. Und es ist schön groß, hell und unglaublich modern gebaut. Das chice Design überzeugt innen und außen, der barrierefreie Zugang zu allen Decks ist per Fahrstuhl erreichbar, es gibt komfortabel eingerichtete Salons, eine Kinderspielecke, ein hervorragendes Restaurant und ein großzügiges Sonnendeck – das allein ist schon bemerkenswert. Aber das Außergewöhnlichste an MS „Helgoland“ ist, dass es mit innovativer Flüssiggas-(LNG)technik angetrieben wird. Mit anderen Worten: Umweltschutz auf hohem Niveau.

 
 
 

Der Soundtrack zur Geschichte von 3 Miles to Essex

 
 
 
 

für jeden einen Liegeplatz mit blick auf's meer

 

Wir werden von der Crew in die heiligen Hallen - auf die Brücke – geleitet. Dort treffen wir den Mann, der noch mehr Fels in der Brandung ist als Helgoland selbst. Chefkapitän Ewald Bebber! Stets mit einem flotten Spruch auf den Lippen und unglaublich liebenswertem Humor begrüßt er seine Gäste an Bord und läuft noch einmal durch das ganze Schiff, um sich zu versichern, dass alles so läuft, wie er das möchte. Im Schiff selbst kommt man sich vor wie in einem Ameisenhaufen. Alle Gäste laufen aufgeregt hin und her, hoch und runter auf der Suche nach Essen, Trinken, dem besten Platz. „Das ist normal. Das legt sich gleich wieder, wenn wir ablegen, dann hat jeder seinen Lieblingsplatz gefunden, mit Blick aufs Meer“, erklärt uns der Kapitän. Hochkonzentriert wird das Ablege-Manöver vorbereitet. An seiner Seite Steuerfrau Antje Busch. Antje ist seit drei Monaten an Bord auf MS „Helgoland“, genauso charmant wie der Kapitän und bereits ein alter Hase auf See. Vorher fuhr sie jahrelang auf einem Frachter und hat ganz Nordeuropa gesehen. 

Die Reederei ist sehr offen gegenüber dem Thema Frauen in der Seefahrt, wie wir feststellen, denn auf einem anderen Seebäderschiff fährt ebenfalls eine Steuerfrau mit.

 

Videointerview

 
 
 
 

„Ich bin an beiden Enden der Reise zu Hause!“

 

Es ist acht Minuten nach Zehn, als das Signal „Tuuuuuuuuut“ zum ersten Mal an Bord zu hören ist. „Das ist das Zeichen für die Gäste, dass sie sich jetzt sputen müssen...“, sagt Kapitän Bebber. Ein zweites Mal „Tuuuuuuuuuut“ und schon fahren wir los - ganz leise und umweltfreundlich mit Kurs auf Helgoland. Auch die 800 Gäste an Bord sind nun alle ganz entspannt und man merkt mit jeder Seemeile, die sie hinter sich lassen, die Vorfreude, dass bald diese kleine rote Felseninsel vor ihnen auftaucht...

 
 

Interessant ist, dass man in Niedersachen an Bord geht, an der Insel Neuwerk vorbei fährt, die zu Hamburg gehört, und auf der Insel Helgoland von Bord geht, die wiederum zu Schleswig-Holstein gehört. Die Überfahrt nach Helgoland dauert zirka 2,5 Stunden, je nach Tide und Geschwindigkeit. Auf der Brücke sieht es fast aus wie in einem Flugzeug-Cockpit, nur viel größer. Hochmodernste Technik, stets im Visier von Steuerfrau Antje, während wir die Elbe in Richtung Nordsee fahren. Eine gute Gelegenheit für uns, Kapitän Bebber ein bisschen näher kennen zu lernen.

"Urlaub macht dumm – ich habe einen job für dich."

 

Chefkapitän Ewald Bebber hat seit 26 Jahren bei der Reederei Cassen Eils das Steuerrad fest in der Hand. „Wenn man es streng nimmt seit 54 Jahren, denn ich bin gebürtiger Helgoländer“, verrät er uns. Wie wird man eigentlich Fährkapitän? „Das war eher Zufall, denn ich war vorher weltweit auf Großer Fahrt unterwegs, nur Australien und die Antarktis fehlen noch. Eines Tages hatte ich Urlaub und traf Cassen Eils und er fragte mich, was ich gerade mache. Ich sagte: ‚Urlaub.’ Er sagte: ’Urlaub macht dumm, ich habe einen Job für dich. Kannst du mir aushelfen? Ein Steuermann ist mir abhanden gekommen.’ Ich sollte für sechs Wochen einspringen - das war vor 26 Jahren“, erzählt uns der Kapitän.

 
 

Der gebürtige Helgoländer hat bereits zwei Bauphasen von Seebäderschiffen in seiner Karriere begleitet. Zuerst MS „Fair Lady“ in der Kindheit, das auch von Hooksiel nach Helgoland fährt. „Ein ganz tolles Schiff, was mir sehr am Herzen liegt“, verrät er uns. Und das technisch-innovative und moderne MS „Helgoland“. „Ich war schon während der Bauphase ständig vor Ort und fast hätte es geklappt, dass MS „Helgoland“ an meinem Geburtstag im Mai 2015 ins Wasser gelassen wurde. Leider kam es erst einen Tag später dazu. Das wäre natürlich so richtig schön gewesen“, schwärmt der Kapitän. „Früher war alles mehr Handwerk und viel mehr analoge Technik. Heute ist alles elektrisch. Körperlich nicht mehr so anstrengend, aber dafür vom technischen Anspruch viel höher. Als Kapitän muss man heutzutage sehr viel technisches Verständnis haben, gerade auf diesem Schiff mit dem LNG-Antrieb“, erklärt uns Bebber weiter.

 

 

Und was macht ein Kapitän so in der Freizeit? „Ich bin Kapitän durch und durch, das sagen auch meine Freunde. Sogar in meiner Freizeit baue ich mit einem Freund zusammen ferngesteuerte Modellboote und lasse diese auch hin und wieder fahren. Wir haben eines unserer Schiffe, MS „Fair Lady“, nachgebaut und auch das Frachtschiff meiner Eltern (KÜMO) Paloma-B von See, das früher nach Helgoland fuhr. Zur Zeit bauen wir MS „Helgoland“ (Länge 1,70 Meter) als Fernsteuermodell nach. Ziemlich verrückt, ich weiß, macht mich aber glücklich!“ Können Sie sich vorstellen, wieder auf die Insel zu ziehen und dort zu Leben? „Im Moment nicht, aber wer weiß, was das Leben noch bringt. Das Schönste für mich an Helgoland ist, kurz vor Sonnenuntergang eine Inselrundfahrt zu machen. Wenn abends die rote Sonne untergeht und dann noch den roten Felsen beleuchtet, das ist unbezahlbar!“

 

 

Jetzt ist sie ganz nah, die Insel Helgoland, der besagte Fels in der Brandung. Wow, wir können es kaum erwarten, endlich an Land zu kommen, um die Insel zu erkunden. Wir fühlen uns ein bisschen wie Schatzsuchende in der Kindheit. Schnell bitten wir den Kapitän, uns noch ein paar Tipps zu geben, denn wir sind Tagestouristen und müssen um 16 Uhr wieder an Bord sein. Er empfiehlt uns, einen Inselrundgang über das Oberland zu machen und den Felsen „Lange Anna“ zu besuchen. Wenn wir einen schönen Strand, Robben und Seehunde sehen möchten, dann sollten wir einen Abstecher auf die „Düne“ unternehmen (Helgoland zerbrach 1721; seitdem existiert die als „Düne“ bezeichnete Nebeninsel). Und dann ist da natürlich noch die Helgoländer Delikatesse Knieper, die Scheren von einem Taschenkrebs, die man in allen Variationen überall auf der Insel kosten kann. Einmal probiert und man kommt garantiert wieder. 

 

Die raue Schönheit Helgolands, ihr temperamentvolles und zugleich sanftes Auftreten lassen sich nicht zähmen, von niemandem. Man ist schnell verliebt in diesen roten Felsen in der Nordsee, braucht aber Zeit, um alle Geheimnisse, die Menschen dort, die reine Natur mit ihren Höhen und Tiefen lieben und kennenzulernen. Nach einem Tag Helgoland sind wir jedenfalls so verknallt, dass wir wieder kommen werden. Das nächste Mal von Hooksiel aus mit MS „Fair Lady“.

 
 

_________

Mehr Informationen über die Fahrten der Reederei Cassen Eils zu den Inseln Helgoland, Neuwerk und durch das Wattenmeer erfahren Sie hier: 

www.cassen-eils.de

_________

 
 

Viel. Meer. Auszeit.

Moni und ulf

Anleitung zum Glücklichsein

 

Außergewöhnliche Menschen, das sind oft die Verrückten. Die verrückt aufs Leben sind, verrückt aufs Erleben, verrückt danach, alles zu geben. Die alles auf einmal begehren, die nie gähnen oder belanglose Dinge sagen, sondern brennen wie ein Feuerwerk über dem Meer. Wir haben zwei dieser außergewöhnlichen Menschen hier oben an der Küste getroffen und durften ein paar Stunden mit ihnen staunen, sie bewundern und ebenfalls ein wenig mitverrückt sein. 

 
 
 
 

Vor vielen Jahren setzten sie Segel, um der endlosen Hast ihres Alltags den Rücken zu kehren. Seit ihrer Kindheit ist Monika und Ulf seit 1978 auf den Meeren unterwegs und wollen nicht mehr damit aufhören. Und wenn sie doch mal zur Ruhe kommen und Anker werfen, dann nur im Heimathafen Hooksiel. 

"Die Jan Maat: unser dickes, zickiges, pubertierendes Kind“

 

Wenn bei den meisten Menschen am Freitag Nachmittag das Wochenende so langsam beginnt, legen Monika und Ulf erst richtig los. Klamotten packen, alles mitnehmen, jetzt bloß nichts vergessen und los über die Autobahn ins 60 Kilometer entfernte Wangerland an der Nordsee. Auf Schnickschnack stehen die beiden nicht. Praktisch muss es sein und vor allem anders als die Anderen. Das Patchworkpaar mit drei Kindern und acht Enkelkindern – selbstverständlich „fast“ alle mindestens genauso segelverrückt wie sie selbst oder zumindest seetauglich – haben ein weiteres, ganz besonderes Kind: „Jan Maat“, 30 Tonnen schwer und ein Selbstbau-Traditionssegler ohne Anleitung zum „Glücklichsein“. Das schöne Holz, die alten Linien, die schiere Größe, gepaart mit den Spuren des bisherigen Arbeitslebens, diese Patina macht bei der „Jan Maat“ den ganz besonderen Reiz aus. „Als wir das Schiff kauften, haben wir uns einen sehr langen Traum erfüllt“, sagt Monika. „Allerdings hat uns der Vorbesitzer dieses Schiffes keinerlei Unterlagen zur Verfügung stellen können, so dass wir über Jahre mit sehr viel Zeit und Geduld unser „dickes, zickiges, pubertierendes Kind“ erst einmal kennenlernen und erziehen müssen. Wir wollten etwas haben, was sonst keiner hat – ein Unikat, so wie wir es sind!“

 
 
 
 

 

Der Soundtrack zur Geschichte von

 
 
 
 
 

Monika und Ulf sind zwei Menschen, die einfach das tun was sie lieben. Ihr Motto: Loslassen und sich selbst und auch alles andere nicht immer so ernst nehmen. Sie sind auf dem Meer zuhause, sind angekommen. Egal ob Mittelmeer, Atlantik oder Nordsee – sie kennen viele Reviere und noch mehr schöne Häfen. Auf die Frage, warum sie sich als Heimathafen Hooksiel im Wangerland ausgesucht haben, fällt die Antwort recht eindeutig aus: „Hier leben unsere Freunde und der Hafen ist nicht nur schön, sondern geschützt und tideunabhängig. Hier liegen wir sicher, kennen einfach jeden und trotzdem wird es nie langweilig. Der Alte Hafen von Hooksiel ist wunderschön und entspannt. Hier kann man in Ruhe sein Bier genießen, nette Menschen treffen, über die Welt philosophieren und einfach so sein wie man ist. Wenn man genug hat, macht man die Luken zu und geht schlafen. Am nächsten Morgen genießen wir unsere Brötchen an Bord und sind in Gedanken schon wieder am Segel setzen. „Dat ist unser Ding!“, sagt Ulf.

 
 

Wie erklärt man die Faszination des Segelns jenen, die immer nur an Land bleiben? Der Wind pfeift immer um die Ohren. Die Finger tun oft weh. Blaue Flecken am ganzen Körper. Unter Deck haut man sich den Kopf an. Die Bordtoilette – wenn überhaupt vorhanden – vermittelt ein nie gekanntes Raumgefühl. Ist das nicht so? „Ja, genau das brauchen wir, um glücklich zu sein“, erklärt Ulf. „Wir segeln am liebsten, wenn ein bisschen Wind ist, ab Windstärke vier bis sieben wird es für uns erst interessant und gehen raus aufs Meer. Es muss ein bisschen rau sein. So ein „Kaffeesegeln“ wie wir das heute gemacht haben ist nichts für uns. Das war nur euch zuliebe und damit die Segel mal ein bisschen abtrocknen.“ 

 

Videointerview

 
 
 

„Die Herausforderung beim Segeln
ist zu wissen, wie der Mensch mit den Naturgewalten umgehen kann.
Denn die Nordsee ist ein Biest."


Wir kommen sehr gut damit klar. Wir sind ein Team. Wir lieben viel Wind und die Herausforderung, die Nordsee zu besiegen. Diesen Kampf aufzunehmen. Wenn man dann abends nach einem schönen Törn im Hafen liegt, dann ist das das schönste Gefühl. Man hat den Kampf gewonnen.“ 

 
 

Segeln ist ein Schachspiel mit dem Wind. Man muss den Wind auf dem Wasser und aus den Wolken lesen können, bevor er in die Segel kommt. Nur wer genau beobachtet und vorausdenkt, kann handeln und letztendlich gewinnen. Monika und Ulf sind an Bord wie im normalen Leben Teamplayer. Sie müssen sekundenschnell entscheiden, welches Manöver sie als nächstes mit ihrem Schiff fahren wollen. Jeder Handgriff muss sitzen. 30 Tonnen Stahl, bleiben nun mal 30 Tonnen auch wenn sie als Schiff geformt sind. Segeln ist Meer. Viel Meer. Das Wechselspiel des Lichts und der Farben, wenn Wolken und Sonne sich abwechseln, ist berauschend. Die Gefühle und Emotionen, die sie beim Segeln täglich erleben, sind bewegend und entspannend zugleich.

 
 

NAch dem Turn ging's auf die Wäscheleine
 

Die Tochter mit Mann und zwei Kindern segelt gerade mit einer Dehler DB1, eine Regattayacht aus den 80ern, für drei Monate auf der nördlichen Halbkugel. Einfach so. Wow, wir staunten nicht schlecht, aber Monika schmiss adhoc einen typischen „Moni“-Spruch in die Runde: „Eine Tupper. Nix für mich. Ich brauche Rost!“. Genau solche Sätze machen die beiden aus. Sie sind authentisch, liebenswert, locker, einfach nur echt, weltoffen, tiefgründig und würden, wenn sie könnten, die ganze Welt umsegeln, wenn die Welt danach dann ein bisschen besser wäre. Auf die Frage, ob sie auch Gäste mit an Bord nehmen, kam ein klares „Nein“. Das hier gehört nur uns zwei. „Den letzten, den wir als Gast an Bord hatten, war danach so fertig, der musste erst mal über die Wäscheleine“, lacht Ulf. 

Man kann irgendwie gar nicht anders, als die beiden zu mögen. Oder vielleicht sollte man sagen: als sie lieb zu gewinnen. Wir sind als Fremde an Bord gekommen und gingen als Freunde. Das hat man selten und vielleicht funktioniert das auch nur bei Monika und Ulf so schnell und so herzlich. Und vielleicht ist da ja auch das Segeln der entscheidende Faktor. Auf hoher See findet der Mensch noch Emotionen und Geschichten die echt sind. Denn dort herrscht eine andere Zeit, ein anderer Rhythmus. Und wer darin aufgeht, sich hingibt, wird wahrscheinlich tatsächlich zu einem anderen, gelasseneren Menschen.