EWALD Bebber
Hochseeinsel. Helgoland. Heimatland.
Mitten in der Deutschen Bucht, knapp 70 Kilometer vom Festland entfernt, liegt Deutschlands einzige Hochseeinsel: Helgoland. Die wogenden Wassermassen, das kräftige Farbenspiel der roten Felsen, die Weite des Meeres, die frische Seeluft und die faszinierenden Natur- und Tierwelten, machen dieses kleine Eiland mit 1,5 Quadratkilometern zu einem eindrucksvollen Fels in der Brandung.
Um auf die Insel zu gelangen, nimmt man in der Regel ein Schiff. Die Reederei Cassen Eils, die seit 1952 existierende, älteste Helgoland-Reederei, bietet das ganze Jahr hindurch mit modernen Seebäderschiffen eine Linienverbindung nach Helgoland an. Die Abfahrtshäfen sind Cuxhaven, Bremerhaven und Büsum, zusätzlich gibt es ausgewählte Abfahrtstermine ab Hooksiel im Wangerland an der Nordsee mit MS „Fair Lady“.
Als wir das Seebäderschiff MS „Helgoland“ in Cuxhaven betreten, werden wir friesisch freundlich von der Crew an der Gangway begrüßt. „Moin, willkommen an Bord.“ Wir staunen nicht schlecht, zumal wir uns ein Fährschiff etwas anders vorgestellt haben. MS „Helgoland“ ist eines der modernsten Schiffe Europas, alleine schon durch den Antrieb. Und es ist schön groß, hell und unglaublich modern gebaut. Das chice Design überzeugt innen und außen, der barrierefreie Zugang zu allen Decks ist per Fahrstuhl erreichbar, es gibt komfortabel eingerichtete Salons, eine Kinderspielecke, ein hervorragendes Restaurant und ein großzügiges Sonnendeck – das allein ist schon bemerkenswert. Aber das Außergewöhnlichste an MS „Helgoland“ ist, dass es mit innovativer Flüssiggas-(LNG)technik angetrieben wird. Mit anderen Worten: Umweltschutz auf hohem Niveau.
für jeden einen Liegeplatz mit blick auf's meer
Wir werden von der Crew in die heiligen Hallen - auf die Brücke – geleitet. Dort treffen wir den Mann, der noch mehr Fels in der Brandung ist als Helgoland selbst. Chefkapitän Ewald Bebber! Stets mit einem flotten Spruch auf den Lippen und unglaublich liebenswertem Humor begrüßt er seine Gäste an Bord und läuft noch einmal durch das ganze Schiff, um sich zu versichern, dass alles so läuft, wie er das möchte. Im Schiff selbst kommt man sich vor wie in einem Ameisenhaufen. Alle Gäste laufen aufgeregt hin und her, hoch und runter auf der Suche nach Essen, Trinken, dem besten Platz. „Das ist normal. Das legt sich gleich wieder, wenn wir ablegen, dann hat jeder seinen Lieblingsplatz gefunden, mit Blick aufs Meer“, erklärt uns der Kapitän. Hochkonzentriert wird das Ablege-Manöver vorbereitet. An seiner Seite Steuerfrau Antje Busch. Antje ist seit drei Monaten an Bord auf MS „Helgoland“, genauso charmant wie der Kapitän und bereits ein alter Hase auf See. Vorher fuhr sie jahrelang auf einem Frachter und hat ganz Nordeuropa gesehen.
Die Reederei ist sehr offen gegenüber dem Thema Frauen in der Seefahrt, wie wir feststellen, denn auf einem anderen Seebäderschiff fährt ebenfalls eine Steuerfrau mit.
Videointerview
„Ich bin an beiden Enden der Reise zu Hause!“
Es ist acht Minuten nach Zehn, als das Signal „Tuuuuuuuuut“ zum ersten Mal an Bord zu hören ist. „Das ist das Zeichen für die Gäste, dass sie sich jetzt sputen müssen...“, sagt Kapitän Bebber. Ein zweites Mal „Tuuuuuuuuuut“ und schon fahren wir los - ganz leise und umweltfreundlich mit Kurs auf Helgoland. Auch die 800 Gäste an Bord sind nun alle ganz entspannt und man merkt mit jeder Seemeile, die sie hinter sich lassen, die Vorfreude, dass bald diese kleine rote Felseninsel vor ihnen auftaucht...
Interessant ist, dass man in Niedersachen an Bord geht, an der Insel Neuwerk vorbei fährt, die zu Hamburg gehört, und auf der Insel Helgoland von Bord geht, die wiederum zu Schleswig-Holstein gehört. Die Überfahrt nach Helgoland dauert zirka 2,5 Stunden, je nach Tide und Geschwindigkeit. Auf der Brücke sieht es fast aus wie in einem Flugzeug-Cockpit, nur viel größer. Hochmodernste Technik, stets im Visier von Steuerfrau Antje, während wir die Elbe in Richtung Nordsee fahren. Eine gute Gelegenheit für uns, Kapitän Bebber ein bisschen näher kennen zu lernen.
"Urlaub macht dumm – ich habe einen job für dich."
Chefkapitän Ewald Bebber hat seit 26 Jahren bei der Reederei Cassen Eils das Steuerrad fest in der Hand. „Wenn man es streng nimmt seit 54 Jahren, denn ich bin gebürtiger Helgoländer“, verrät er uns. Wie wird man eigentlich Fährkapitän? „Das war eher Zufall, denn ich war vorher weltweit auf Großer Fahrt unterwegs, nur Australien und die Antarktis fehlen noch. Eines Tages hatte ich Urlaub und traf Cassen Eils und er fragte mich, was ich gerade mache. Ich sagte: ‚Urlaub.’ Er sagte: ’Urlaub macht dumm, ich habe einen Job für dich. Kannst du mir aushelfen? Ein Steuermann ist mir abhanden gekommen.’ Ich sollte für sechs Wochen einspringen - das war vor 26 Jahren“, erzählt uns der Kapitän.
Der gebürtige Helgoländer hat bereits zwei Bauphasen von Seebäderschiffen in seiner Karriere begleitet. Zuerst MS „Fair Lady“ in der Kindheit, das auch von Hooksiel nach Helgoland fährt. „Ein ganz tolles Schiff, was mir sehr am Herzen liegt“, verrät er uns. Und das technisch-innovative und moderne MS „Helgoland“. „Ich war schon während der Bauphase ständig vor Ort und fast hätte es geklappt, dass MS „Helgoland“ an meinem Geburtstag im Mai 2015 ins Wasser gelassen wurde. Leider kam es erst einen Tag später dazu. Das wäre natürlich so richtig schön gewesen“, schwärmt der Kapitän. „Früher war alles mehr Handwerk und viel mehr analoge Technik. Heute ist alles elektrisch. Körperlich nicht mehr so anstrengend, aber dafür vom technischen Anspruch viel höher. Als Kapitän muss man heutzutage sehr viel technisches Verständnis haben, gerade auf diesem Schiff mit dem LNG-Antrieb“, erklärt uns Bebber weiter.
Und was macht ein Kapitän so in der Freizeit? „Ich bin Kapitän durch und durch, das sagen auch meine Freunde. Sogar in meiner Freizeit baue ich mit einem Freund zusammen ferngesteuerte Modellboote und lasse diese auch hin und wieder fahren. Wir haben eines unserer Schiffe, MS „Fair Lady“, nachgebaut und auch das Frachtschiff meiner Eltern (KÜMO) Paloma-B von See, das früher nach Helgoland fuhr. Zur Zeit bauen wir MS „Helgoland“ (Länge 1,70 Meter) als Fernsteuermodell nach. Ziemlich verrückt, ich weiß, macht mich aber glücklich!“ Können Sie sich vorstellen, wieder auf die Insel zu ziehen und dort zu Leben? „Im Moment nicht, aber wer weiß, was das Leben noch bringt. Das Schönste für mich an Helgoland ist, kurz vor Sonnenuntergang eine Inselrundfahrt zu machen. Wenn abends die rote Sonne untergeht und dann noch den roten Felsen beleuchtet, das ist unbezahlbar!“
Jetzt ist sie ganz nah, die Insel Helgoland, der besagte Fels in der Brandung. Wow, wir können es kaum erwarten, endlich an Land zu kommen, um die Insel zu erkunden. Wir fühlen uns ein bisschen wie Schatzsuchende in der Kindheit. Schnell bitten wir den Kapitän, uns noch ein paar Tipps zu geben, denn wir sind Tagestouristen und müssen um 16 Uhr wieder an Bord sein. Er empfiehlt uns, einen Inselrundgang über das Oberland zu machen und den Felsen „Lange Anna“ zu besuchen. Wenn wir einen schönen Strand, Robben und Seehunde sehen möchten, dann sollten wir einen Abstecher auf die „Düne“ unternehmen (Helgoland zerbrach 1721; seitdem existiert die als „Düne“ bezeichnete Nebeninsel). Und dann ist da natürlich noch die Helgoländer Delikatesse Knieper, die Scheren von einem Taschenkrebs, die man in allen Variationen überall auf der Insel kosten kann. Einmal probiert und man kommt garantiert wieder.
Die raue Schönheit Helgolands, ihr temperamentvolles und zugleich sanftes Auftreten lassen sich nicht zähmen, von niemandem. Man ist schnell verliebt in diesen roten Felsen in der Nordsee, braucht aber Zeit, um alle Geheimnisse, die Menschen dort, die reine Natur mit ihren Höhen und Tiefen lieben und kennenzulernen. Nach einem Tag Helgoland sind wir jedenfalls so verknallt, dass wir wieder kommen werden. Das nächste Mal von Hooksiel aus mit MS „Fair Lady“.
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Mehr Informationen über die Fahrten der Reederei Cassen Eils zu den Inseln Helgoland, Neuwerk und durch das Wattenmeer erfahren Sie hier:
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